Anna Schäffer

Gemälde von Gerhard Prechtl
Gemälde von Gerhard Prechtl

Heimat
Mindelstetten liegt etwa 50 km südwestlich von Regensburg im Landkreis Eichstätt und hat heute rund 800 Einwohner. Anna Schäffer wurde dort am 18. Februar 1882 als Tochter eines Schreiners in bescheidenen Verhältnissen geboren und in der Pfarrkirche getauft. Sie wurde ein gesundes, kräftiges Mädchen, das seine christliche Erziehung vor allem durch die Mutter erhielt. Da sie den Wunsch hegte als Missionsschwester in einen Orden einzutreten, versuchte Anna sich nach Abschluss ihrer Schulzeit an Dienststellen in Regensburg und Landshut die notwendige Aussteuer zu verdienen.

Unfall
1898, im Alter von 16 Jahren, ereilte Anna der Anruf Jesu, sie werde bald viel und lange zu leiden haben. Zwar versuchte sie dem zu entfliehen, am 4. Februar 1901 aber hatte sie als Magd einen schweren Arbeitsunfall im Forsthaus von Stammham bei Ingolstadt. Als sie ein Ofenrohr, das sich über dem Waschkessel aus der Wand gelöst hatte, wieder befestigten wollte, rutschte sie bis über die Knie in den Kessel mit kochender Lauge. Die Wunden waren nicht zu heilen. 1902 wurde Anna als Frühinvalide aus dem Krankenhaus entlassen. Ihr Zustand verschlechterte sich immer mehr, so dass sie schließlich völlig ans Krankenbett gefesselt war.

Trost
Anna lernte es, Gottes Willen anzunehmen. In ihrem Leiden und ihrer Armut erkannte sie den Ruf des Gekreuzigten, ihm ähnlich zu werden. Hier fand sie ihre Erfüllung. Ihr Leben wurde so zu einer „Mission des Leidens“. Fast täglich empfing sie aus der Hand ihres geistlichen Begleiters, des Ortspfarrers Carl Rieger, die heilige Kommunion. In Wort und Schrift tröstete sie alle, die sich an sie wandten, und versprach ihnen ihr fürbittendes Gebet. Sie schrieb viele Briefe an Ratsuchende und Notleidende und fertigte Stickereiarbeiten für Kirchen und Privatpersonen an.

Sterben
Ab 1923 verschlechterte sich Anna Schäffers Zustand. Sie war an den Beinen gelähmt, wegen eines Rückenmarksleidens hatte sie schmerzhafte Krämpfe, zudem wurde Mastdarmkrebs festgestellt. Durch einen Sturz aus dem Bett zog sie sich eine Gehirnverletzung zu, die ihr Sprechvermögen beeinträchtigte, sodass sie nicht mehr reden konnte. Am Morgen des 5. Oktober 1925 empfing sie zum letzten Mal die heilige Kommunion, bevor sie in den Abendstunden verstarb. Am 8. Oktober wurde sie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Friedhof von Mindelstetten beigesetzt.

Verehrung
Der Zug der Pilger zu ihrem Grab ist seitdem nicht abgerissen. Auf vielfachen Wunsch der Gläubigen gab Bischof Dr. Rudolf Graber die Genehmigung, am 26. Juli 1972 ihre Gebeine vom Friedhof in die Pfarrkirche Mindelstetten zu übertragen. Ein Jahr später ließ er den Seligsprechungsprozess eröffnen. Papst Johannes Paul II. verlieh ihr 1995 den heroischen Tugendgrad und sprach sie 1999 selig. Am 21. Oktober 2012 hat Papst Benedikt XVI. in Rom die Anna Schäffer zur Heiligen erhoben und sie damit der gesamten Kirche weltweit zur Verehrung empfehlen.

Eucharistie
Ihre Kraft für das Martyrium schöpfte Anna Schäffer aus der Eucharistie. Hier fand sie den Trost, nicht am Leid zu zerbrechen. Durch Christus gestärkt wurde sie fähig, sich den Plänen der Liebe Gottes zu überlassen und das Geheimnis des Kreuzes Christi in ihrem Leben bereitwillig, ja dankbar anzunehmen. Immer wieder hat sie auf ihre Briefe, mit denen sie andere zu trösten suchte, das Bild des Herzens Jesu gezeichnet. Die Flammen der Liebe sind nicht als Feuerzungen, sondern – im Bezug zur Eucharistie – als Weizenähren dargestellt.

Gemälde von Hermann Eller
Gemälde von Hermann Eller

Botschaft
Die Begegnung mit dem Leben Anna Schäffers stellt uns vor die Frage nach dem Sinn, mehr noch nach dem Wert des Leidens. Anna erfasste und lebte auf persönliche Weise, was wir im Brief an die Kolosser lesen: „Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1, 24). Sie erkannte ihre von Gott zugedachte Berufung darin, für die Kirche und die Menschen zu beten und mit Christus zu leiden. Dieser Berufung blieb sie treu bis in den Tod. Im Angesicht des unbeschreiblichen Leids und der Schmerzen, die Anna Schäffer zu erdulden hatte und die sie in Verbundenheit mit Christus ertrug, können wir nur bewundernd zu ihr aufblicken und uns still verneigen. Wir dürfen aber auch aus dem Reichtum dieses vom Leid gezeichneten und doch so reich begnadeten Lebens schöpfen. An Anna Schäffer erfüllte sich, was der Psalmist in die tröstenden Worte fasst: „Mein Gott, auf dich vertraue ich. Denn niemand, der auf dich hofft, wird zuschanden“ (Ps 25, 2.3).

 

Literatur
Georg Schwager, Anna Schäffer, Vorbild der Kranken, Leidenden und Armen, Regensburg 2012

 

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